Mai 27

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Polnisch-deutsche Jugendbegegnung Łódź-Lachendorf vom 18.-25.05.2024

Mai 27, 2024


An Tagen vom 18. bis 25. Mai 2024 fand das Treffen der Schüler aus dem Immanuel-Kant-Gymnasium Lachendorf und dem VIII. Lyzeum im. Adam Asnyk aus Łódź statt. 

In Wroclaw sollten die Schüler auf die in Morawa geplanten Workshops inhaltlich vorbereitet werden. Zu den von der Hedwig-Stiftung vorgeschlagenen Workshopthemen gehörten u.a.: politische und wirtschaftliche Systeme, Populismus oder Klimawandel. Genau auf diese Aspekte konzentrierten wir uns während des Aufenthalts in Wroclaw.

Nach der Ankunft und einer Kennenlernrunde machten beide Gruppen einen Spaziergang mit dem Schwerpunkt Geschichte des Übergangs der ehemaligen deutschen Stadt in den Grenzen Polens. Der Fokus wurde auf die nationalsozialistische Propaganda gelegt, die den deutschen Einmarsch 1939 nach Polen als notwendig erklärte. Als nächstes wurde eine der Kriegskonsequenzen, die Verschiebung der Grenzen, besprochen.

Am nächsten Tag wurde die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Polen thematisiert. In einem Überblick wurde die Geschichte der polnischen Proteste gegen den Sozialismus präsentiert. Dies sollte als Einleitung zum Thema „Orangene Alternative“, eine antikommunistische Happening-Bewegung in 80er Jahren des 20 Jh., dienen. Zum Symbol dieser Bewegung wurden Zwerge, welche die Oppositionellen auf die von der Miliz aufgebrachten antikommunistischen Parolen malten. Die Projektteilnehmer spielten ein Stadtspiel, wodurch sie genauer die Geschichte der „Orangenen Alternative“ kennenlernten.

Nach einer Mittagspause haben sich die Projektteilnehmer mit dem Thema Klimawandel auseinandergesetzt. Die Schüler besuchten das moderne Museum zum Thema Wasser und Wasserversorgung: Hydropolis.

Die Zeit am Abend wurde für Integrationsspiele genutzt.

Die während des Aufenthalts in Wroclaw erworbenen Informationen wurden später von den Jugendlichen in den Workshops in Morawa genutzt.

Nach Ankunft in Morawa und einem Mittagessen wurde gruppenarbeitsteilig an dem Theaterprojekt gearbeitet. Hierbei erarbeiteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die inhaltlichen Grundlagen, welche dann in dem Theaterprojekt umgesetzt werden sollten. Sie befassten sich mit den gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Problemen des Klimawandels und des grassierenden Populismus, insbesondere mit dem Rechtspopulismus, weil dieser europaweit im Aufschwung ist, unabhängig von der geografischen Lage des jeweils betroffenen Landes und auch unabhängig von dessen Wirtschaftskraft. Hier untersuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Ausformungen des Populismus, insbesondere hinsichtlich seiner sprachlichen Strukturen und erarbeiteten Vorschläge, wie man diesen entgegentreten könne. Auch hinsichtlich der Problematik des Klimawandels wurden Vorschläge erarbeitet, wie jeder Einzelne Maßnahmen in seinem Umfeld und innerhalb seines Lebenskonzeptes ergreifen kann, um zumindest im kleinen Raum tätig zu werden. Hierbei spielte vor allem der Gedanke eine Rolle, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel nicht allein auf politischer Ebene ergriffen werden können, sondern insbesondere auf der gesellschaftlichen und somit im Bereich des Einzelnen. Des Weiteren setzten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Fragestellung Lech Wałęsas auseinander, in welchem politischen System und unter welchen wirtschaftlichen Bedingungen sie leben möchten. Die hier diskutierten Aspekte sollten dann während intensiver Arbeitsphasen als Theaterstück umgesetzt werden.

Nach dem Abendessen wurden dann die inhaltlichen Punkte des Programmes sowie Hausregeln und Uhrzeiten abgesprochen.

Nach ein paar motivierenden und spielerischen Integrationsspielen mit den beiden Schülergruppen wurde die Arbeit am Projekt fortgesetzt, indem diskutiert wurde, inwiefern Zeitzeugenberichte in das Theaterprojekt integriert werden können. Diskussionspunkt hier war natürlich die Zeitzeugin Melitta Sallai, deren Leben bei den Teilnehmern ein großes Interesse hervorrief. Belebend war die Diskussion darüber, wie Geschichte eigentlich geschrieben wird, wer die jeweiligen Akteure sind und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ein Ereignis ein geschichtlicher Fakt sein kann. Diskrepanzen ergeben sich hier vor allem darin, dass Erinnerungen nicht einfach nur Rekonstruktionen sind, sondern immer wieder neu formuliert und an den jeweiligen Erinnerungskontext, also der aktuellen Erinnerungssituation, angepasst wird. So stellte sich die Frage, welcher Grad an Objektivität Zeitzeugenberichten überhaupt zukommen kann. Darüber hinaus wurde diskutiert, wie einzelne Zeitzeugenberichte bzw. Erinnerungsstücke ggf. in die Theaterarbeit integriert werden können, als Kontext oder sogar als einzelnes Bild. Möglichkeiten hierzu sollten dann während der Arbeit ausgelotet werden, die im Anschluss stattfand. Während der Präsentationsphase wurden dann die bisherigen Ergebnisse der Theaterarbeit präsentiert, wobei gezeigt werden konnte, dass einzelne geschichtliche Erinnerungsstücke in Form spezifischer Bewegungen sehr wohl in die Theaterarbeit integriert werden können.

Der Vor- und Teile des Nachmittages wurden genutzt, um die Friedenskirche in Swidnica zu besuchen, die größte Fachwerkkirche Europas. Hier erfuhren die Projektteilnehmer interessante Aspekte zur Architektur und Entstehung dieser Kirche. Insbesondere die prächtige Innenausstattung und die Deckenmalerei erregte großes Interesse. Auch konnte gerade auf deutscher Seite ein Wissenszuwachs gewonnen werden, indem die Symbolik einzelner Statuen und Bilder näher erklärt wurde.

Nach Rückkehr nach Morawa wurde die Theaterarbeit wieder theoretisch besprochen, indem sich mit dem von der Hedwig Stiftung vorgeschlagenen Konzept „Ad Spectatores“ auseinandergesetzt wurde, einem Konzept, welches bereits in den Dramen der Antike anzutreffen ist und die Hinwendung einer Theaterfigur direkt an die Zuschauer aus einer Szene heraus bezeichnet. Dieses Konzept ist für unsere gemeinsame Theaterarbeit insofern wichtig, weil damit die sogenannte vierte Wand durchbrochen und der Zuschauer unmittelbar in das Geschehen mit einbezogen wird. Gerade für unser gesellschaftspolitisches Theaterthema ist diese Form des Umgangs mit den Zuschauern enorm wichtig, soll das erarbeitete Stück doch den Zuschauer motivieren, seine Sichtweise und somit, recht ambitioniert formuliert, die Welt zu ändern. In den am Abend stattfindenden Workshops wurde dann in einzelnen Bildern diese Direktansprache gewählt und geprüft, welche Wirkung diese hat. Das Ergebnis kann in dem am Ende des Projektes angefertigten Video gesehen werden.

Am nächsten Tag nach einigen motivierenden Integrationsspielen widmeten sich die einzelnen Gruppen fast den ganzen Tag der Erarbeitung der Theaterszenen, wobei deren Ergebnisse dann am Nachmittag der gesamten Gruppe präsentiert wurden. Diskutiert wurde die Wirkung einzelner Bewegungen und Elemente mit dem Ergebnis, dass sie teilweise revidiert oder gar gestrichen wurden.

Der Abend wurde dann mit Melitta Sallai verbracht, deren bewegtes Leben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer nachhaltig beeindruckte, wie die zahlreichen Nachfragen bzgl. ihrer Kindheit und ihrer Sichtweise auf die Heimat zeigten. Auch wurde in diesem Zusammenhang diskutiert, inwieweit dieses hautnahe Erleben einer Zeitzeugin, von der die Gruppe durch drei Generationen getrennt ist, die zukünftigen Proben und Ideen bereichern kann. In den einzelnen Gruppen sollte dies dann praktisch am nächsten Tag geprüft werden.

Am Abend dann konnte dieses Stück als Gesamtes aufgeführt werden. Hierbei entstand auch die Aufnahme aller Szenen. Da das Stück in erster Linie für die Videoaufnahme konzipiert worden ist, bestand ein Vorteil darin, dass die Einzelszenen auch separat aufgenommen werden konnten, sodass ggf. Fehler korrigiert werden konnten. Die gesamte Projektgruppe zeigte sich von dem Ergebnis begeistert, sodass dieses als würdiger Erfolg dieses deutsch-polnischen Jugendprojektes betrachtet werden kann.

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