Archivierte Projekte

Der Weg zur Unabhängigkeit – geschrieben mit den Biografien unserer Familien

Im Rahmen der vom Hedwig-Stiftung (Fundacja św. Jadwigi) erhaltenen Mittel aus dem mehrjährigen Regierungsprogramm „NIEPODLEGŁA“ für die Jahre 2017–2022 wurde das Projekt „Der Weg zur Unabhängigkeit – geschrieben mit den Biografien unserer Familien“ realisiert.

Am 19./20.10.2019 und 26./27.10.2019 fanden in Morawa biografisch-historische sowie biografisch-journalistische Workshops statt. Der biografische Workshop beschäftigte sich mit der Bedeutung der familiären Erinnerung und der Familiengeschichten als Fundament für generationsübergreifende Bindung und Weitergabe. Wir sprachen über den Wert der Unabhängigkeit, der Freiheit, über den „Weg“ an sich und über familiäre Biografien. Die Workshops boten Raum, Personen und Ereignissen, an denen Familienmitglieder beteiligt waren, eine tiefere Bedeutung zu verleihen. Die Teilnehmenden reflektierten darüber, wie familiäre Biografien ihre Rollen, Motivationen, Werte, das Familienleben und sie selbst beeinflussen. Es war auch eine Gelegenheit, mit Familiendenkmalen und -erinnerungen zu arbeiten. Die Leiterin, Alicja Przepiórska, stellte Forschungsergebnisse zur kulturellen Weitergabe bei Vertriebenenfamilien vor sowie soziologische Studien und Arbeiten über die sozialen Rahmenbedingungen kollektiven Familiengedächtnisses.

Im Rahmen der historischen Workshops wollten wir den Teilnehmenden den historischen Hintergrund jener Ereignisse näherbringen, die bedeutenden Einfluss auf die Entstehung der Unabhängigkeit Polens hatten. Der Historiker Grzegorz Mikołajczyk schuf einen Rahmen, in den die Teilnehmenden ihre eigenen Familiengeschichten einfügen konnten: die Legionen, die Entstehung der Zweiten Republik Polen mit ihren bewaffneten Aufständen, der Grenzbildung, den Volksabstimmungen und dem Aufbau einer demokratischen Staatskultur. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, die Vergewaltigung der polnischen Unabhängigkeit, der Kampf gegen die deutsche und sowjetische Besatzung, die an der Zivilbevölkerung verübten Verbrechen und das Opfer der kämpfenden Soldaten – all dies bildete den geschichtlichen Hintergrund, vor dem individuelle Familienbiografien erzählt wurden. Die Teilnehmenden stellten die Schicksale ihrer Angehörigen vor und erinnerten sich an sie. Dadurch konnten sie die Bedeutung jener historischen Ereignisse für ihre eigenen Familien erkennen und emotional nacherleben. Zwölf Seniorinnen und Senioren erzählten von ihren Familien, von ihrem Engagement im bewaffneten Widerstand und im Kampf um die Unabhängigkeit. Sie berichteten über ihre familiären Helden und entdeckten oft erst jetzt die Tragweite ihres patriotischen Handelns und der Opfer, die sie für ein freies Polen gebracht hatten.

Ziel unseres Projekts war es, die Erinnerungen der Seniorinnen und Senioren an sich selbst, ihre Familien und ihre familiären Helden zu bewahren – Menschen, die auf verschiedenen Ebenen für das Land wirkten: durch bewaffneten oder geistigen Widerstand, durch die Erhaltung von Kunst- und Kulturgütern für kommende Generationen, durch Pflege von Traditionen und regionalem Erbe sowie durch soziales Engagement.

Ein weiterer Bestandteil des Projekts war der journalistische Workshop, in dem Dariusz Kulpiński die Teilnehmenden mit der Kamera vertraut machte und sie auf das Erzählen ihrer Herzensgeschichten vorbereitete. Dabei konnten die Teilnehmenden die für sie passende Ausdrucksform wählen – einen Dialog, eine Erzählung oder das Vorlesen eines Tagebuchs. Das Ergebnis des viertägigen Workshops war der Film „Der Weg zur Unabhängigkeit – geschrieben mit den Biografien unserer Familien“. Er erzählt die Geschichte der Einwohner Niederschlesiens und ihrer Familien, eingebettet in die Geschichte der polnischen Unabhängigkeitsbewegung und des Werdens polnischer Identität auf dem Gebiet Niederschlesiens – und auch ihres eigenen Prozesses, Niederschlesier zu werden. Unser Ziel war es vor allem, das Bewusstsein dafür zu stärken, dass jeder Niederschlesierin durch die individuelle Familiengeschichte zur Wiedergeburt polnischer Identität und zur Bewahrung oder Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens beitragen konnte.

Am 12. November um 12:00 Uhr fand im Rathaus von Strzegom die Filmvorführung „Der Weg zur Unabhängigkeit – geschrieben mit den Biografien unserer Familien“ statt. Im Anschluss gab es ein Treffen mit Zeitzeugen sowie einen Vortrag mit dem Titel „Die Bedeutung familiärer Biografien“, gehalten von Dr. Bogna Bartosz, Psychologin und Wissenschaftlerin an der Universität Breslau.

Akademie der Aktiven Menschen

Das Hauptziel der Akademie der Aktiven Menschen (Akademia Ludzi Aktywnych) war es, eine generationenübergreifende Gruppe von 20 lokalen Führungspersönlichkeiten auszuwählen und auszubilden. Anschließend wurde diese Gruppe bei ihren Führungsaktivitäten für die lokale Gemeinschaft unterstützt, um bis November 2020 die Zahl der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen, die sich an lokalen Initiativen beteiligen, sowie zwei solche Initiativen zu organisieren.

Diese Ziele haben wir erreicht, indem wir die Teilnehmenden mit Wissen und praktischen Führungskompetenzen ausgestattet, sie in das historische und biografische Erbe eingebettet und ihnen Raum zur Erprobung in der Praxis gegeben haben – durch Schulungen, Entwicklungsmaßnahmen und lokale Initiativen. Das Projekt war innovativ und generationenübergreifend angelegt. Seine Ziele deckten sich mit denen des Programms FIO – nämlich die Erhöhung der Zahl engagierter Bürgerinnen und Bürger in NGOs und basisnahen Initiativen.

Im Projekt wurde ein Veranstaltungsangebot für den lokalen Eventkalender erarbeitet, in das die Bewohner einbezogen wurden. Es drehte sich um das kulturelle Erbe und die Identität. Zudem wurde ein generationenübergreifendes Team von Führungspersonen aufgebaut.

Die Akademie der Aktiven Menschen war ein Ort und ein Angebot für all jene, die ihre Führungskompetenzen im Sinne von Integration und Aktivierung der lokalen Gemeinschaft weiterentwickeln wollten, die Geschichten der Menschen und die Traditionen ihrer Region kennenlernen und darauf ein Gefühl von Einheit aufbauen wollten. A.L.A. steht für unsere biografisch-identitätsstiftenden Geschichten. Wir lernten Biografien, Erzählungen und Traditionen kennen und erfuhren, wie wichtig sie für die Identitätsbildung, das Wertesystem und die Aktivität des Einzelnen sowie der Gemeinschaft sind.

A.L.A. steht für Zukunft, Zusammenarbeit und Entwicklung: intensive Workshops zu Leadership, Theater, Persönlichkeitsentwicklung – und auch partizipative Workshops für die lokale Gemeinschaft: Fotografie, Handwerk, Kochen. Jeder davon war eine Gelegenheit zur Entwicklung von Leidenschaften, für Begegnungen, Gespräche, das Bewahren von Erinnerungen, den Austausch von Traditionen, das gemeinsame Lernen und Handeln in generationenübergreifenden Teams.

Im Projekt griffen wir auf ein Kooperationsmodell mit der lokalen Gemeinschaft zurück, das auf der Pflege und Bewahrung lokaler und nationaler Traditionen basierte – am Beispiel unserer litauischen Partner aus der polnischen Gemeinde in Niemenczyn (Nemenčinė).

Das Projekt wurde durch das Programm des Fonds für Bürgerinitiativen (Program Fundusz Inicjatyw Obywatelskich) für die Jahre 2014–2020 sowie durch das Nationale Institut für Freiheit – Zentrum für die Entwicklung der Zivilgesellschaft (Narodowy Instytut Wolności – Centrum Rozwoju Społeczeństwa Obywatelskiego) finanziert.